EATING

EMOTIONS.

EATING EMOTIONS.

kpm x adam

Ich mag dish - ich hasse dish. Während eines Residency Programms in der Königlichen Porzellan Manufaktur Berlin malte ich essbare Emotionen in Form von Gurken, Würsten und Pommes Frites auf dem feinsten Porzellan.

Sieben inspirierende Tage durfte ich in der Malermeisterei der traditionsreichen Porzellanmanufaktur residieren und meine Entwürfe auf das glatte edle Material bringen. Für meine Arbeiten habe ich mich auf das Service Kurland konzentriert, mit dem ich seit vielen Jahren vertraut bin. Die Serie trägt den Namen “Eating Emotions”.

Die Manufaktur

Für mich war es eine Ehre, in der Meistermalerei, die zum Unesco Kulturerbe gehört, arbeiten zu dürfen und meine eigenen Entwürfe auf Porzellan zu bringen.

Die Manufaktur hat über zweieinhalb Jahrhunderte Kulturgeschichte mitgestaltet - vom Rokoko bis in die Moderne, die Tischkultur von bekannten Persönlichkeiten und einem Teil der Gesellschaft geprägt.

Bis heute ist das Porzellan bei vielen Familien weltweit nicht vom Esstisch wegzudenken - so wie auch in meiner Familie, da das Kurland Service seit vielen Jahren gesammelt und vor allem an festlichen Anlässen verwendet wird.

Zugleich bietet die KPM diversen kreativen Köpfen seit über 260 Jahren einen Arbeitsplatz, an dem mit sehr viel Liebe zum Detail und mit einem großen Qualitätsanspruch gearbeitet wird.

Ich hatte die große Freude, einige dieser Charaktere persönlich kennenzulernen, über die Schulter schauen und von ihnen lernen zu dürfen. Besonders den persönlichen Austausch mit den Malerinnen und den Duft der Malerei, wo es nach Anis- oder Orangenöl durftet, womit die Farbpigmente angemischt werden, werde ich immer gerne in Erinnerung halten.

Die entstandenen Teile sind alle Einzelstücke und können auf Anfrage angefertigt werden.

ICH

LIEBE

DISH.

ICH LIEBE DISH.

Faszination Essen

In einem Interview zu meiner Porzellan-Serie wurde ich kürzlich gefragt, was mich daran fasziniert, Lebensmittel zu malen und die Antwort fiel länger und komplexer aus, als sie letztlich abgedruckt wurde. Die ich die Antwort wichtig für das Verständnis meiner Arbeit finde, nehme ich einen Teil des Interviews hier auf.

Ich liebe Kochen und Essen - die Vielfalt der Geschmäcker, Gerüche und Formen, die Lebensmittel annehmen können. Für mich gibt es kaum eine schönere Beschäftigung, als für geliebte Menschen zu kochen und mit ihnen gemeinsam zu essen.

Essen ist nicht nur für jeden von uns Menschen überlebenswichtig, sondern kann auch so symbolisch sein. Esskultur steht neben der reinen Nahrungsaufnahme und als Genussmittel auch für Identität, Rituale, Kreativität, Fürsorge, Macht, Kommunikation und sozialen Status.

Ich denke, Essen ist deswegen ein wichtiges symbolisches Objekt für mich, da es dem Austausch mit anderen dient, aber auch der mehr oder weniger harmonischen Beziehung, die man mit sich selbst pflegt. Sie ist zentraler Bestandteil unserer sozialen Beziehungen - und das seit Geburt jedes einzelnen Menschen an.

Schlüsselmotiv: Essiggurke

Seit einem Jahr tauchen die sauren Gürkchen in meinen Bildern auf und sind kaum mehr wegzudenken. Ursprünglich habe ich mir nicht allzu viele Gedanken über das Motiv gemacht. Saure Gurken haben sich fast unbemerkt in meine Werke eingeschlichen, vermutlich aufgrund ihrer Bedeutung als mein persönliches Soulfood - als eines meiner Lieblingslebensmittel. Ich habe schon immer gerne saure und eingelegte Speisen gegessen und ein Glas Gurken gehört praktisch immer in meinen Vorrat.

Schließlich begann ich mich zu fragen, warum saure Gurken nicht nur auf meinem Teller, sondern auch auf der Leinwand auftauchen und begann das Motiv zu hinterfragen.

Der Philosoph Feuerbach vertrat die Ansicht, dass die Ernährung direkten Einfluss auf die körperliche und geistige Verfassung eines Menschen hat und prägte den bekannten Ausdruck "Du bist, was du isst". Somit betrachte ich mich manchmal humorvoll als eine saure Gurke - eine Interpretation dieses komplexen Themas, die mir amüsant erscheint, auch wenn sie sicherlich von Feuerbach nicht wortwörtlich gemeint war.

Den Biss in eine saure Gurke empfinde ich als aufregend, da er eine komplexe Geschmackserwartung erfüllt, die nicht nur sauer, sondern auch süß, salzig oder scharf sein kann. Wenn ich von Säure spreche, ist auch immer Süße im Spiel, da sie als wichtigster Gegenspieler des Sauren im Geschmack präsent ist.

Mir gefällt dabei vor allem die Symbolik. Sauer kommt selten ohne Süße aus - und ähnlich wie sonst auch im Leben erhält man selten nur eine Seite davon. Wird der Geschmack von Saurem nicht erst durch Süße wirklich genießbar? Auch andersrum ist eine süße Speise für mich erst richtig interessant, wenn ein saurer oder salziger Kontrast dazu kommt.

ICH

VERMISSE

DISH.

ICH VERMISSE DISH.

Emotionales Essen

Mit dem Begriff Emotional Eating, wovon ich den Titel "Eating Emotions" ableite, verbinde ich das Essen, was nicht zu sich genommen wird, nur um den tatsächlichen Hunger nach Nahrung zu stillen.
Wie ich oben bereits in Bezug auf meine Malerei beschrieben habe, sehe ich in der Esskultur und im Akt des Essens mehr als reine Überlebens-Notwendigkeit und Genussmittel.

Es fasziniert mich, dass wir Menschen nicht nur essen, um unseren Hunger nach Nahrung zu stillen, sondern es kommt vor, dass die Nahrungsaufnahme als Ersatzbefriedigung für andere Bedürfnisse dient - zum Beispiel, um uns in emotional herausfordernden Situationen zu beruhigen.

Das können besonders schöne und aufregende Momente sein, wie zum Beispiel bei großer Aufregung bei einem Date, wenn wir uns verliebt haben, beim geselligen Essen mit Freunden und Familie - aber auch traurige, ärgerliche und frustrierende Situationen wie Liebeskummer, Langeweile oder Meinungsverschiedenheiten.

Wir nehmen also etwas in uns auf, das wir verarbeiten, also verdauen. Der Vorgang ist also ähnlich wie das Gefühlte: durch eine Aktion in der Außenwelt verinnerlichen wir es in Gefühlen, um es dann verarbeiten zu können, um wieder Platz für neue Impulse zu haben.

Auf meinen Arbeiten, die während meiner Zeit bei der KPM entstanden sind, habe ich zwei unterschiedliche Stile miteinander kombiniert. Ich zeige hauptsächlich meine Stillleben, aber ich arbeite seit vielen Jahren an einer Serie von abstrakten Portraits von Gefühlen, die ich in Form von Gesichtern erlebbar mache.

Die Gesichter verstecke ich auch in meinen Stillleben und sind ein bisschen wie mein kleines (jetzt nicht mehr ganz so geheimes) Markenzeichen.

Mit diesen Gesichtern habe ich auf meinen Porzellanarbeiten den Lebensmittel (Gurken, Eier, Pommes, Wurst, Fisch) einen menschlichen Ausdruck verliehen, also ihnen eine Persönlichkeit und somit jeweils eine Emotion geschenkt - sie schauen einen also vom Teller direkt an und scheinen mit dem Betrachter zu kommunizieren.

Meine Porzellanstücke haben eine Vorder- und eine Rückseite. Dreht man sie um, kann man auf dem Boden kleine Statements lesen wie "Ich mag Dish" oder "Ich vermisse Dish". Mit Hilfe meines Porzellans kann man somit die Emotionen an- und wortwörtlich zu sich nehmen. Man verwehrt sich der Emotion nicht, sondern verinnerlicht sie - bestenfalls bewusst und mit Genuß.

Dabei kann man überwältigende Emotionen in etwas Positives umwandeln - verdauen. So entsteht ein Prozess, etwas womit man sich anfreunden kann und womit man Frieden schließen kann. Etwas, das man auch mit einem gewissen Augenzwinkern betrachten und es humorvoll ästhetisch reflektieren kann. Somit wird das “emotional eating”, was häufig einem unkontrollierten, impulsiven Essen gleichgesetzt wird, zu einer emotionalen Nahrungsaufnahme in Form eines selbstbestimmten Akts der Selbstfürsorge.

ICH

BRAUCH

DISH.

ICH BRAUCH DISH.

Die "Eating Emotions"-Reihe ist im Rahmen einer Residency entstanden und besteht vorerst nur aus Einzelstücken, die bespoke in Auftrag gegeben werden können.

Presse

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